Besetzung | |
Regie Ausstattung Video Dramaturgie Oedipus Antigone Ismene Kreon Theseus Chorführer/ Bürger/ Bote |
Corinna Bethge Vinzenz Gertler Rahel Seitz Axel Preuß Christian Schulz Monika Wiedemer Ute Baggeröhr Klaus Cofalka-Adami Björn Bonn Alexander Peutz |
Chor Heidelberger Bürgerinnen und Bürger |
Presse |
Posen der Humanität ... Die Sache ist einfach und sie hat eine klare politische Botschaft. König Oedipus kommt nach Kolonos, um nach zehn Jahren des Herumirrens den im Orakel bestimmten Ort seines Todes zu finden. König Theseus beschützt ihn, als Kreon ihn nach Theben zurückholen will, um die Macht zu sichern, und aus diesem Grund die Töchter Antigone und Ismene entführt. Für das Recht eines Fremden riskiert er den eigenen Frieden... Dramatisch ist diese Handlung weniger ergiebig als der Enthüllungskrimi in König Oedipus. Die Bearbeitung von Walter Jens tut gut daran das Geschehen zu straffen. ... Das hilft bei der Konzentration auf das Widerspiel der Kräfte, die Corinna Bethges Heidelberger Inszenierung entwickelt. Die Regisseurin hatte König Oedipus als psychologisch grundiertes Politdrama bemerkenswert spannend entwickelt. Jetzt liefert sie den Epilog nach: Eine sehr präzise Arbeit, für die Vinzenz Gertler ein hölzernes Halbrund entworfen hat, dessen Stufen die Bühne zum Zuschauerraum hin öffnen. Die Zuschauer werden nach Kolonos eingemeindet, der Chor ist aus Heidelberger Bürgern besetzt, das Thema des Stückes ist gegenwärtig. Die schlichte Lektion wäre langweilig, würde Corinna Bethge das Verhältnis von guten Herrschern und finsteren Widersachern nicht ein wenig durcheinanderbringen. Mit milder Ironie zeigt sie, dass Theseus und Kreon nicht weit voneinander entfernt sind: Der Theseus von Björn Bonn ist ein glatter Medienmensch, bei dem man den Verdacht nicht los wird, er setze sich für Oedipus nur deswegen ein, weil die Pose der Humanität ihn gut aussehen lässt. Klaus Cofalka-Adami spielt der Kreon als politischen Taktierer. Den Oedipus lässt Christian Schulz bei aller tragischen Größe sehr menschlich erscheinen, wenn es sich als mürrisch gewordenen Alter über die Bühne tastet, und die Töchter Antigone (Monika Wiedemer) und Ismene (Ute Baggeröhr) lassen ahnen, dass es mit einem solchen Vater nicht einfach ist. Gut 90 Minuten dauert dieser vom Publikum begeistert aufgenommene Abend, der seine Spannung weniger aus der Handlung bezieht als aus dem sorgfältig gearbeiteten Detail. ... In Verbindung mit Bethges Inszenierung von König Oedipus ..., die am Ende als Video zitiert ist und die wieder in den Heidelberger Spielplan aufgenommen wird, ergibt sich ein interessantes Sophokles-Doppel. > Darmstädter Echo, 29.01.2007 |
Christian Schulz, kahlgeschoren, spielt (Oedipus) eindrucksvoll, ein Schmerzensmann, der um Erlösung bittet, ohne kniefällig zu werden. ... Er darf an diesem Abend zeigen, was ihn im Innersten bewegt. Noch im tiefsten Leid respektiert er den Willen der Götter, der ihn zwingt auch dort das Sinnvolle zu behaupten, wo es für den Außenstehenden durch Abwesenheit glänzt. > Mannheimer Morgen, 22.01.2007 |
Vom Publikum herzlich gefeiert. ... Wie schon bei Koenig Oedipus in der vergangenen Spielzeit hat auch diesmal wieder Corinna Bethge die Regie übernommen, und wie damals wird auch jetzt wieder die klare, unverschnörkelte Übersetzung von Walter Jens gespielt. Teil eins und zwei hat Corinna Bethge geschickt miteinander verknüpft, nicht zuletzt durch die am Schluss projizierten Szenen aus König Oedipus. ... Antigone stützt ihren depressiv gestimmten Vater, dem Christian Schulz eine starke Bühnenpräsenz verleiht. Der Schauspieler, der schon im vergangenen Jahr im Mittelpunkt der Sophokles-Inszenierung stand (sie wurde in dieser Saison wiederaufgenommen) wuchert mit den Pfunden seines darstellerischen Potentials. Er arbeitet die Feinheiten des Textes heraus, gibt den Gedanken Tiefe und Transparenz... der Chor, besetzt mit Heidelberger Bürgerinnen und Bürgern und angeleitet von Alexander Peutz, (wird) zum intensivsten Partner der Titelfigur. ... Wenn er in seiner berühmten nihilistischen Passage skandiert, es sei das Höchste, nie geboren zu werden, geht das tief unter die Haut. ... Björn Bonn zeigt ... als Theseus ein Smiley-Lächeln, als hätte man ihn gerade frisch auf einen Bürgermeister-Sessel gewählt. Und Klaus Cofalka-Adami stoibert mit seiner zerfurchten Stirn so sehr um die Rückgewinnung von Macht und Einfluß, dass die alte Griechentragödie auf einmal hochaktuell erscheint. ... Herzlicher Premierenbeifall vor allem für den eigens aus Tübingen angereisten Walter Jens. > Rhein-Neckar-Zeitung, 22.01.2007 |
Video aus der Unterwelt. ... Noch während der Zuschauer seinen Sitz sucht, sieht er Oedipus und Antigone in der Bühnenlandschaft umherirren und weiß nicht recht, wer sich da an wen klammert. Dann, am Ziel angekommen, erkennt man, dass der zerlumpte, blind gewordene Oedipus an Antigone hängt, hört und sieht ihn jubeln, als er nach zehn Jahren endlich in Kolonos den Ort seiner letzten Ruhe zu finden meint. Im Freudentaumel streichelt er das Gesicht von Antigone. Es ist ein zärtlicher Moment zwischen Vater und Tochter, so manchen Zwischenton verspricht dieser Augenblick... Nur ist das mit der letzten Ruhe, wohl schon damals, nicht so einfach. Das Volk widersetzt sich. Zehn Heidelberger Bürger stürmen als Chor die Bühne, Oedipus wird des Landes verwiesen. Im Kostüm des Chorführers könnte auch ein Einbürgerungsbeamter stecken, von Antike keine Spur, wir sind im Heute und die Situation trotz des fremden Sprachklangs wohl bekannt: Die, die aufnehmen spielen Richter über jene, die aus Verhältnissen kommen, in denen sich die Richtenden nicht bewähren mussten. Noch einmal muss Oedipus im Einbürgerungsmachtspiel seine Geschichte aufrollen. ... Wie Bettler stehen Oedipus (Christian Schulz) und Antigone (Monika Wiedemer) da. Ute Baggeröhr als Ismene ist dagegen die kokette Schwester im kleinen Schwarzen, die sich nicht scheuen wird, gleich dem König Theseus schöne Augen zu machen. ... Schon stürmt Theseus (Björn Bonn) die Bühne, das Volk jubelt, als wäre er der JFK der Antike. ... Kreons Auftritt, ebenfalls geschniegelt, kurzes Händeschütteln mit Theseus, fehlt nur das Blitzlichtgewitter. Die Könige von einst sind zu modernen Staatsmännern mutiert, zeigen sich dem Volk als einvernehmliche Händeschüttler. ... Oedipus wirkt zwischen den Herrschern wie ein Wahnsinniger aus einer anderen Welt, in der es noch Gefühle gibt. ... Oedipus steigt die Treppe hinab ins Totenreich. Es wird ein Video aus der Heidelberger Inszenierung des ersten Teils eingespielt: Oedipus’ Leidenschaft für seine Frau und Mutter, Blut, Liebe, Vatermord. So als dürfte man dem Sterbenden ins Gedächtnis sehen und träfe dort auf die Schlüsselbilder seines Lebens. Wenn schließlich der Chorführer (Alexander Peutz) aus den Tiefen wiederkehrt und von Oedipus Sterben berichtet, wirkt der Zauber einer dunklen Unterwelt. Weit entfernt von der Persiflage der Machtmenschen wird in seinem Zeugenbericht endlich dem Ungeheuren Ehre gezollt. > Frankfurter Rundschau, 23.01.2007 |
Inzest, Machtkampf, Tod! ... Zusammen mit den weitaus bekannteren Tragödien Antigone und König Oedipus aus Sophokles’ Feder bildet Oedipus auf Kolonos eine Trilogie, die sowohl das persönliche Schicksal der Figuren thematisiert, als auch politische und gesellschaftliche Fragen aufwirft. Walter Jens’ Übertragung in modernes, leicht verständliches Deutsch lässt diese hochaktuell erscheinen. Dabei ist es Jens gelungen, die sprachliche Rhythmik der Originalfassung zu bewahren. Auch die Inszenierung unter Regie von Corinna Bethge spart sich jede Historisierung des Stoffes, so dass sich die in Oedipus auf Kolonos verhandelten moralischen Fragen dem Zuschauer im Licht aktueller gesellschaftlicher Debatten stellen. Das Bühnenbild, von Vinzenz Gertler in moderner Schlichtheit gestaltet, ohne dabei karg zu wirken, umrahmt den politischen Machtkampf auf der Bühne ebenso zeitlos. Christian Schulz brilliert in der Rolle des Oedipus... Auf der Städtischen Bühen wird der gesamte Oedipus-Mythos in der Bearbeitung von Walter Jens ... zu sehen sein: König Oedipus, im letzten Jahr stürmisch gefeiert, wird ... wieder aufgeführt, und im nächsten Jahr wird mit Antigone die Geschichte zuende erzählt. > Ruprecht, Januar 2007 |